Fachwerkbalken entlacken - Ochsenblut?
08.07.2018, Hallo Thomas,
ich bin in einem solchen Haus aufgewachsen. Damals wurde innen nicht geheizt. Da fror das Wasser an den Wänden. Da waren es auch im Winter nie 21 °C, in keinem Raum. Im Winter wurden innen 2 Pullover getragen, wenn es mal richtig kalt war. Und es war bekannt, wie Lehm trocknet.
In der Küche, wo sich das normale Leben abspielte, gab es eine Brüstungsverkleidung aus Nadelholz. Trockenes, altes Fichtenholz hat einen µ-Wert von >800, wirkt also wie einer Dampfbremse. Somit konnten die abgekühlten Luftschichten mit hohem Wasserdampfanteil unten nicht an den Lehmwänden kondensieren. Es gab Einscheibenfenster, die zu hohe Luftfeuchten kondensierten. An den Fenstern musste in der kalten Jahreszeit regelmäßig das Wasser abgewischt werden.
Es wurde Holz und Kohle verbrannt. Wir hatten keinen Kamin, der das ganze Haus erwärmt hatte. Mein Vater hat jeden Sommer den Lehm außen ausgebessert, mit Lehm. Also nass machen, verschmieren. Nur Caseinfarben wurden nicht verwendet, der Lehm stand meistens roh, nur mit einem Brett abgerieben, also verdichtet. Und ganz ehrlich, wenn da im Frühjahr mal irgendwo Schimmel an dem Fachwerk war, dann war das so.
Was die Wenigsten wissen, ist die Tatsache, dass auf feuchtem Lehm sehr gerne ein weißer Schimmelpilz wächst, der auch richtige Fäden ausbildet. Das geht sehr schnell. Ist die Lehmoberfläche wieder trocken, dann bildet sich der Schimmelpilz zurück. Durch die Fadenstruktur sieht das dann dem Echten Hausschwamm sehr ähnlich. Damals hat sich niemand daran gestört, da wußten die Bewohner, was das ist.
Dein Vergleich ist bauphysikalisch nicht in Ordnung hinsichtlich von kaltem Mauerwerk. Wenn es kein Wärmegefälle gibt, also das Mauerwerk innen und außen gleich kühl ist, warum soll das Wasser in die Lehmausfachungen eindringen? Wo soll innen das viele Wasser herkommen, wenn es schon an den kalten Scheiben ausfällt? Fachwerkhäuser wurde nicht für die Wohnansprüche von heute gebaut.
Der Holzwurm hat sich für etwas entschieden, das ich ihm nicht ausreden will und vermutlich auch nicht kann.
Gruß Jochen