Dämmung ohne Dachabdeckung und ohne Unterdeckbahn
23.01.2006, lieber Herr Huth,
da werden wir uns wohl noch lange streiten. Aber so ein Streitgepräch mag ja für den Fragesteller und manch einen im Forum durchaus erhellend sein. Für mich übrigens auch, denn ich lerne gerne dazu.
Wenns also genug ist, wäre ein Hinweis von Sandra hilfreich.
Einiges möchte ich aber gerne geraderücken:
"Konventionelle Dachdeckungen - auch ohne Außenvermörtelung oder Innenverstrich - haben die Sparren Jahrhunderte lang geschützt - eben weil keine schädliche Feuchtigkeit von außen eindringen konnte."
Die Tatsache ist richtig, die Begründung falsch. Der Grund für die lange Lebensdauer historischer Dächer ist eher, weil die Feuchtigkeit, die von aussen eindringt, in einem offenen Dachraum sogleich wieder verdunsten kann. Ausserdem kann man Undichtigkeiten viel schneller erkennen. Daher ist die beste Garantie für eine lange Lebensdauer eines Dachraumes, ihn NICHT auszubauen.
Wer schon mal bei Regen und Sturm in einem Dachraum war, mag es bestätigen: ein feiner Sprühnebel aus winzigsten Tropfen erfüllt den Raum.
Vor eineigen Tagen stand ich in einem "absolut dichten" Dachraum, gedeckt mit grossformatigen Dachtafeln. Auf dem Boden lag Flugschnee, und zwar nicht zu wenig. Woher der kam wusste niemand zu sagen.
Die Rahmenbedingungen für die Dachkonstruktion werden aber verändert, wenn man es ausbaut und dämmt. Der schmale Raum zwischen Deckung und Dämmung mag sogar bei guter Be- und Entlüftung ausreichen, man lässt jedoch eine schwer einschätzbare und unkontrollierbare Gefahrenquelle bestehen.
Daher ist ein Unterdach auch nicht als "kostengünstiger Nachfolger der vermörtelten Dachziegel" zu verstehen, sondern wird als 2. wasserführende Ebene bezeichnet, die ratsam ist, wenn man das Dach ausbaut. Sie ist also nicht alternativ, sondern zusätzlich.
Die eindringende Feuchtigkeit benetzt die darunterliegende Ebene unregelmässig in der Fläche. Wer die Benetzung einer Folie, imprägnierten (hydrophoben) Platte oder Glasscheibe beobachtet stellt fest, dass diese nicht flächig "unter Wasser steht", sondern dass sich aus feinen grössere Tropfen bilden, die bei Neigung in einem wenige mm breiten Rinnsal (Wasserfaden) abfliessen. Es wäre also unsinnig anzunehmen, dass damit die Diffusionsfähigkeit der ganzen Fläche herabgesetzt werde.
Fehlt nun eine Unterspannbahn, so bliebe die Feuchtigkeit an den Fasern der Mineralwolle haften und fliesst an diesen in die Dämmung hinein. Der macht das ja aber nichts, denn das Material ist ja "feuchteresistent". Allerdings liegt die direkt an den Sparren, und diesen macht das sehr viel. Es gibt unzählige Beispiele von Dachstühlen, die hunderte Jahre gehalten haben, um nach einer eingbauten Dämmung in wenigen Jahren zu verrotten.
Wie Sie sagen ist die wichtigere Feuchtebelastung die von innen, aber deswegen würde ich die von aussen nicht ignorieren.
Schon gar nicht, wenn sie als Material Mineralwolle empfehlen, denn diese kann überhaupt keine Feuchtigkeit speichern. Am Ende haben Sie eine heile Dämmung in einem verrotteten Dach.
Heil zwar, und unverrottbar, aber Dämmung kann man sie auch schon nicht mehr nennen, denn sie ist ja durchfeuchtet und hat daher keine Dämmwirkung mehr.
Nein, ich kann Ihre Empfehlung einer "feuchteresistenten Mineralwolldämmung" ohne Unterspannbahn überhaupt nicht nachvollziehen.
Auf ein Unterdach würde ich nur verzichten bei einem besonders feuchtespeicherfähigen Material.
Der Aufbau innen ist ein noch mehr diskutiertes Thema, und ich empfehle, die vielen Beiträge hierzu einmal genau durchzusehen.
Bin aber auch gerne bereit, auch hier bei Bedarf für natürliche, diffusionsoffene, speicherfähige aber nicht feuchteresistente Materialien zu streiten.
mit besten Grüssen,
jh