Erwerb denkmalgeschütztes Holzhaus von 1907

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Carmen4

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Liebe Community,

wir erwägen ein 1907 in zweischaliger Holzständerbauweise errichtetes Haus zu erwerben, das seit 1995 unter Denkmalschutz steht. Es gibt nur mündliche Aussagen über ein unauffälliges Holzgutachten bei Einzug der jetzigen Eigentümerin vor 40 Jahren. Es wurden Sanierungen, aber keine Kernsanierung vorgenommen. Das Haus ist 2-stöckig plus ausgebautem (leider holzverkleidetem) Dachgeschoss und gemauert teilunterkellert. Es wirkt sehr gut erhalten und es gibt keinerlei auffällige Gerüche. Einzig die Decke des EG „hängt“ etwas durch. Für den Verkauf (aus Altersgründen, Mann verstorben) wurden die Dielen abgeschliffen und die Räume des EG gemalert inkl. Wandverkleidungen und imposanter Holztreppe ins OG. Man hat außer an den freiliegenden Dachbalken im DG keine Möglichkeit Proben zu entnehmen.
Wir nehmen am kommenden Montag eine Begehung mit einem holzverständigen Gutachter (Prüfung auf Holzschutzmittel) vor. Nach Rücksprache mit Holzsachverständigen ist eine vollständige Prüfung der Substanz erst nach Erwerb möglich.
Der Hauspreis ist im Vgl. zu Steinhäusern in dieser beliebten Lage etwas günstiger, aber kein Schnäppchen.
Meine Fragen wären:
- wie ist die Wertbeständig des Hauses?
- wie können wir auf Schädlingen prüfen, wenn wir keine Probebohrungen vornehmen dürfen?
- gibt es besondere Maßnahmen für den Brandschutz?
- kann die bestehende Gebäudeversicherung übernommen werden?
- würden Sie zu dem Erwerb raten, oder kaufen wir die Katze im Sack?

Vielen Dank für die Hilfe,

Grüße C.
 
Es GIBT keine absolute Sicherheit!

Und JA: Sie kaufen natürlich die Katze im Sack! Aber was solls???? Nichts ist besser als ne Katze im Sack!
Mal im Ernst: Ihre Bedenken kann Ihnen niemand nehmen, erst Recht nicht online ohne die Bausubstanz zu kennen. Sie sagen doch, es macht einen guten Eindruck?
Wenn dann noch eine Begehung mit einem "Holzsachverständigen" erfolgt,- was will man mehr? Wichtig wäre die Begutachtung des Dachstuhles,- aber wenn er vom Fach ist, sollte er dazu ja was sagen können. Vielleicht kann irgendwo mal hinter die Holzverkleidung sehen? Sprechen Sie außerdem VOR dem Kauf mal mit dem Denkmalamt.
Ich selber habe ein 100 Jahre älteres Haus gekauft: natürlich wird es da IMMER Überraschungen geben. Na und? Lösen Sie sich von dem Gedanken, dass das Haus irgendwie dem eines Neubaus entsprechen müsste. Auch die oft als einziges Mittel der Wahl erscheinende Kernsanierung kann man sich meist ersparen! Sanieren Sie behutsam, mit kleinerem Geld und engem Draht zum Denkmalamt und erfreuen Sie sich an alter Bausubstanz.
 
Holzhaus

Die Angst vor einem Holzhaus schein mir irrational zu sein. Die Struktur eines Holzhauses wird mit dem Alter nicht schlechter. Nur wenn Feuchtigkeit und/oder Schädlingsbefall dazu kommen wird es zu einem Problem. Feuchtigkeit ist mit der Nase gut festzustellen. Wenn der Geruch gut ist, würde ich erst einmal annehmen, dass das Haus trocken ist. Einzelne Problemstellen können in einem Holzhaus auch repariert werden. Wir haben in unserem Fachwerk bei der Renovierung kleinere Schäden gefunden, die aber von der Zimmerei mit nicht zu großem Aufwand renoviert werden konnten. Ebenso ist die Gefahr von Schädlingen vor allem im Zusammenhang mit Feuchtigkeit ein Problem. Warum sollte auch trockenes altes Holz, das schon mehr als hundert Jahre verbaut ist auf einmal Schädlinge bekommen. Holzschädlingen bleiben auch nicht im Balken, sondern die Spuren sind in der Regel an den Außenseiten zu sehen. Fraßspuren oder Ausfluglöcher. Ich habe bei mir aus allen Bauphasen, und das sind bei meinem Haus etwa 400 Jahre, Spuren von Schädlingsbefall. Immer jedoch nur begrenzt auf einzelne Bauteile und in fast allen Fällen sicher nicht mehr aktiv.

Problem kann präventiver Holzschutz sein. Dieser kommt aber nicht aus der Bauzeit sondern eher aus Maßnahmen in den letzten 50 Jahren. Ich kennen auch Häuser bei denen in den 70er Jahren alle eingebrachten Verkleidungen mit PCP haltigen Mitteln gestrichen wurden. Diese Schadstoffe werden aber über die Luft gemessen und nicht über Probebohrungen. Wenn keine Kernsanierung vorgenommen wurde sind im schlimmsten Fall einzelne Bereiche betroffen.

Steinhäuser haben ebenso Probleme und der Aufwand diese zu beseitigen ist auch nicht niedriger als bei einem Holzhaus.

Ich konnte bei mir die Gebäudeversicherung nicht übernehmen, da die Versicherung verlangt hat, dass ich unterschreiben muss, dass keine Wasserleitung älter als 50(?) Jahre alt sein sollte. Der Aufwand dieses herauszufinden wäre bei mir so hoch gewesen, dass ich direkt eine neue Versicherung gesucht habe.
 
Alte Häuser

Sind immer Wundertüten. Allerdings kann man bei einem Baujahr um 1900 noch eher von guter Bausubstanz und Handwerkskunst ausgehen, als bei einem Haus aus den mageren Kriegsjahren oder den neumodischen 70 er und 80 ern...
Den Rat von Ben vorher sehr intensiv mit dem Denkmalamt zu reden kann ich nur unterschreiben. Seit den 90 ern haben sich die Ansprüche der Denkmalschützer ordentlich weiter entwickelt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Wir diskutieren hier nun seit Wochen bei einem schlichten Haus mit "nur" Ensembleschutz über sämtliche von außen sichtbaren von uns mit Renovierungswunsch besetzten Bauteile...ich bin heilfroh, dass wir die noch höheren Anforderungen eines Einzeldenkmals nicht auch noch, oder zusätzlich im Innenbereich, erfüllen müssen. Wenn insbesondere bei den Farbwünschen die Differenzen zwischen Amt und Bauherr sehr groß sind, kann das schonmal sehr nervenaufreibend sein.
Bedenkt einfach, dass derzeit der Istzustand Bestandsschutz hat....wenn ihr also großartige Änderungswünsche habt, könnten sich unvorhergesehene Probleme ergeben.
Bei viel Holz im Innenbereich, besonders aus Sanierungen nach dem 2.WK , würde ich auch ein Holzschutzgutachten erstellen lassen.
Ich möchte niemandem den Wunsch nach einem alten Haus ausreden, aber dazu beitragen, die Rosafarbene Brille doch gegen eine gesunde Skepsis auszutauschen.
LG und wenn es passt...traut euch
 
Alte Häuser

sind immer Wundertüten. Das gefällt mir. Dasselbe gilt auch für neueres. Ich schau mir das ja so in meinem Umfeld an und es wird auch diskutiert. Im Vergleich zu denen die in den 70er und 80er Jahren ihre Häuser gebaut haben, bin ich auch nicht so schlecht dran. Auch bei denen sind Änderungen und Reparaturen eine normale Sache. Irgendwann nach 25 Jahren werden die ersten Renovierungen fällig. Da muss man sich schon darüber klar werden. Das gilt aber für alle Häuser, wenn sie älter als 25 Jahre sind oder eine andere Nutzung erhalten.

Denkmalamt ist schon eine Ansage. Wenn Fenstergrößen und -art nicht gefallen, ebenso wie Eingangstüren sollte man es sich sehr überlegen ob es nicht zu aufwendig wird. Ebenso gilt dies für die Konstruktion. Wenn die Zimmergrößen verändert werden sollen würde ich in einigen Fällen einfach abraten. Ich hatte die Diskussion mit jemand für den war eine Doppelgarage im Haus wichtig. Das konnte ich mir bei seinem Objekt auch nicht vorstellen. Gerade bei Fachwerk lassen sich Wände häufig nicht versetzen. Wir haben mehrere Baupläne von Vorbesitzern die bestimmte Wände versetzen wollten. Das wurde auch damals ohne Denkmalschutz nicht realisiert, weil die Fachwerkkonstruktion das nicht erlaubt hat. Gegen eine Aufteilung eines Raumes mit Leichtbauwänden hat das Denkmalamt in der Regel keine Einwände, wenn die Änderungen reversibel sind, also sich komplett wieder entfernen lassen. Dies hat aber weniger mit dem Zustand des Hauses zu tun.

Ich bin mir sicher, dass bei mir auch die Verkleidungen aus den 70er Jahren behandelt wurden. Das hat man zu der Zeit einfach so gemacht. Wenn ich mir heute im Baumarkt die Mittelchen gegen Pilz und Schädlinge so ansehe wird das heute nicht anders sein. Ich umgehe diese Abteilung immer und habe bei mir auch die ganzen Holzverkleidungen entsorgt. Ältere waren leider nicht mehr vorhanden.
 
Danke

Liebe Fachwerkfreunde,

vielen Dank für die Antworten und Einschätzungen, die jetzt zuerst einmal die Sorge nehmen konnten, das Haus zerfällt uns in den nächsten Jahren. Der Denkmalstatus bleibt natürlich eine sehr schwierige Besonderheit.
Leider verschiebt sich die Begutachtung und wir wissen erst in der nächsten Woche mehr.

Grüße C.
 
Denkmalschutz

Sehen sie es mal von einer anderern Seite.
+ Die Gemeinde stellt ihnen einen erfahrenen Berater zur Verfügung der sie erst mal nichts kostet.
+ Der Staat gibt über die Steuer eine erhöhte Abschreibung der Renovierungskosten
+ KfW Denkmal für die energetische Sanierung hat nur einen Bruchteil der Anforderungen
+ Denkmalschutz muss sich an der Machbarkeit und der Nutzbarkeit orientieren

- Wenn sie mit dem Denkmalbeauftragten nicht können haben sie keine Auswahl
- Wenn sie alles anders habe wollen, fehlt ihnen Flexibilität
- Sie müssen sich mit einer Behörde abstimmen.

Ich wollte ein altes Haus und ich will es als Denkmal erhalten. Trotzdem gab es auch bei mir an manchen Stellen Diskussionsbedarf. Im Gespräch konnten jedoch gute Lösungen gefunden werden. Die Abstimmung kann mühsam sein, aber es kann sich auch lohnen.
 
Thema: Erwerb denkmalgeschütztes Holzhaus von 1907
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