Das Unmögliche: Beidseitig Sichtfachwerk mit nennenswerter Dämmung

Diskutiere Das Unmögliche: Beidseitig Sichtfachwerk mit nennenswerter Dämmung im Forum Sanierung allgemein im Bereich - Liebe Fachwerk Community, wir renovieren gerade die „Gute Stube“ unseres Fachwerkhauses (www.truxhof.com). Die Rigips/Styropor-Verkleidungen (mit...
D

Dietrich2

Beiträge
5
sichtfachwerk-nennenswerter-authentisch-i30287_20221219112154.jpgLiebe Fachwerk Community,
wir renovieren gerade die „Gute Stube“ unseres Fachwerkhauses (www.truxhof.com). Die Rigips/Styropor-Verkleidungen (mit Hohlräumen zum Fachwerk) sind entfernt. Wir möchten den Raum gerne authentisch-bauzeitlich gestalten, mit den 50cm breiten Eichenbohlen der Geschossdecke und Sichtfachwerk. Der Raum befindet sich in einer Gebäudeecke (2 Innen-, 2 Außenwände). Sichtfachwerk der Innenwände ist ja kein Problem. Die Außenwände vollflächig zu isolieren/verputzen sähe zu den anderen Wänden und Decke nicht stimmig/authentisch aus. Unsere Idee für eine Wandaufbau ist in der Skizze dargestellt. Kurz: Leichtlehmsteine hochkant (!) und die verbleibende Tiefe der Ständer mit Holzfaserdämmplatten füllen und innen und außen verputzen. Wir hätten gerne Eure Hinweise und Einschätzungen dazu, konkret:
- Gibt es andere Ansätze für die grundsätzliche Herausforderung (Sichtfachwerk vs. Isolierung)?
- Hat jemand Erfahrungen mit einem ähnlichen Wandaufbau?
- Was ist mit Hanfsteinen statt Leichtlehmsteinen zur Verbesserung der Isolierung?
Wir freuen uns auf Eure Kommentare, viele Grüße,
Dietrich
 
Riegel?

Erlaube eine kurze Rückfrage und eine schnelle Antwort...
Springen die Riegel, Pfosten und Streben wirtklich nach innen soviel zurück, dass du eine Innendämmung davor setzen kannst oder willst du in den gesamten Gefache innen nur die Gefache putzen.
Das hört sich fast so an, deswegen auch die schnelle Einschränkung - das Gebäude/die Gebäudehülle wird nicht winddicht geschweige den luftdicht.

Ich bin gespannt - Markus Mattonet, Ingenieurbüro Bergisches Land
 
Gewebedichtstreifen zusätzlich zu Dreikantleisten

Hallo Markus,
danke für die schnelle Reaktion.
Schwelle und Ständer sind 16cm stark, die Riegel 10cm. 1cm zurückspringende Lehnsteine von außen plus 7cm Lehmstein macht 8cm. Bündig zur Innenseite der Ständer bleiben dann 8cm für Dämmplatten. An den Riegel würde ich diese ausklinken, so dass dort nur 6cm Dämmstärke sind. Die Idee ist tatsächlich innen nur bis an/leicht über die Ständer zu verputzen (möglichst dünn, etwas "buckelig" über die Innenseite der Ständer hinaus. Sonst wären die Ständer ja nicht sichtbar, was das Ziel sein soll.
Wind-/Luftdicht: Ja, das fiel mir heute Nacht auch ein und hat mich beschäftigt. Was hältst Du von Folgendem: Lehmsteine hochkant mit Dreikantleisten mittig am Lehmstein. Und dann einen Gewebestreifen (irgend etwas natürliches, wind-, muss aber nicht luftdicht sein) auf die Innenseite des Gefachrahmens leimen und innen vor die Lehnsteine legen, 10cm breit, je 5cm auf Holz leimen, vor Lehmsteine legen. Dann weiter mit Lehmbett und Dämmplatten. Wenn die Leimung Dichtstreifen auf Holz hält, könnte das auch bei unterschiedlich arbeitendem Holz und Gefachfüllung wind- (nicht Luft-) dicht bleiben. Was meinst Du? Ich weiss, sehr unkonventionell.
Viele Grüße, Dietrich
 
Dichtstreifen Variante 2

... oder den Gewebe/Dichtstreifen unter die Dreikantleiste legen/am Gefachinnenrahmen verleimen (Dreikantleiste möglichst mit verleimen und nageln), Lehmsteine einbauen und Dichtstreifen im Lehmbett innen vor die Lehnsteine drücken.
 
Re: Das Unmögliche....

Hallo Dietrich,

ich lese hier gerade mit und falle mal Markus ins Wort. Markus möge verzeihen. ;-)
Ich rate dir dringend davon ab die 700er- oder 800er-Leichtlehmsteine der Anwendungsklasse 1a (Sichtfachwerk außen) hochkant in die Gefache zu mauern!
Zum Einen sind die Steine nicht maßhaltig, es sind mit Sicherheit etliche darunter die nur 6,3 - 6,5 cm hoch sind,
zum Anderen sind die Steine zu bröselig als dass man sie halbwegs "kraftschlüssig" in die Gefache mauern kann. Selbst wenn du in einem Durchgang nur zwei Lagen Steine einmauerst, wird das Ganze schon so kippelig, dass du kein Freude daran hast.
Und, auf Dauer wird das Ganze garantiert nicht halten, weil die Gefachanschlussfugen IMMER mehr oder weniger weit aufgehen (weil das Holz IMMER "arbeitet").
Sind die Ausfachungen 11,5 -12cm tief ausgemauert, spielt es keine Rolle, weil der Kipp- und der Schwerpunkt der Steinscheibe weit genug in der Wandscheibe drin liegt. Eine um ca. die Hälfte dünnere Scheibe kippt viel schneller nach außen, zumal nach deinem Konstrukt von innen auf sie durch die Dämmplatten Druck wirkt/wirken kann.
Die Ausfachung muss nicht raus fallen. Es reicht wenn sie außen nur ein paar mm vor die Balken vorsteht, dass dann über den oberen Rand so viel Wasser eindringen kann, dass sowohl die Ausfachung als auch das Holz zerstört wird. Fatalerweise dann meistens von innen nach außen. D. h., bis man einen Schaden sieht, ist es oft/meistens zu spät.

"Was ist mit Hanfsteinen statt Leichtlehmsteinen zur Verbesserung der Isolierung?"

("Isolieren" tut der Elektriker, wir dämmen.. ;-)...)
Schau dir bitte die Datenblätter der jeweiligen Steine an, da stehen die Wärmeleitfähigkeitswerte drin.

"Die Idee ist tatsächlich innen nur bis an/leicht über die Ständer zu verputzen (möglichst dünn, etwas "buckelig" über die Innenseite der Ständer hinaus."

"Leicht über", sprich mehr oder weniger auf die Ständer zu verputzen wird nix. Die Putzränder brechen eher früher als später weg. Der Rand einer Lehmputzscheibe soll/darf nie keilförmig "auf Null" auslaufen, eben weil er sonst unkontrollierbar weg bricht.
Deshalb,
beim Verputzen der Gefache immer zuerst die Balkenkanten anschauen,
vor allem an unregelmäßigen und/oder mehr oder weniger runden Kanten eine "Ideallinie" festlegen,
an die dann möglichst stumpf/rechtwinklig angeputzt werden kann.
Lieber eine kleine Fase/Rundung an die Ränder modellieren, als unbedingt flächig/eben bis ans Holz zu gehen. Nebeneffekt der kleinen Fasen: Man sieht den garantiert irgendwann auftretenden Abriss nicht so extrem.

"Sonst wären die Ständer ja nicht sichtbar, was das Ziel sein soll."

Das widerspricht aber deiner Idee "authentisch-bauzeitlich gestalten".
Ich zumindest habe noch kein Fw-haus gesehen, an/in dem nur die Ständer, aber keine Riegel, Schwellen, usw. sichtbar waren. Ehrlich gesagt, auf mich würde das....ich nenne es mal wie..."seltsam, da fehlt doch was"...wirken. Nicht mal im modernen Holzständerbau gibt es nur senkrechte Pfosten...

"Luftdicht" im Sinne von dampf-/gasdicht muss bei der Konstruktion nichts sein, wenn durch den gesamten Wandaufbau eine durchgängige Diffusionsfähigkeit gewährleistet ist.
Was dein vorgesehener Wandaufbau her gibt.
Die Wandscheibe muss nur winddicht sein.
Das aber möglichst weit außen, vor allem außerhalb der Dämmebene. Damit keine Kaltluft in die Dämmung "blasen" kann und dadurch die Dämmwirkung obsolet wird ("Modell" Strickpullover mit und ohne Windjacke drüber).
Von außen winddicht wird, bzw. bleibt eine außen balkensichtige Fachwerk-Außenwand dauerhaft nur, wenn auf der Innenseite eine durchgängige, resp. vollflächige Dichtungsebene eingezogen wird.
In der Regel macht man das mit einer vollflächigen Lehmputzschicht, für die ich zumindest vorher ein Schilf-Putzträgergewebe vollflächig auf die rohe Wand montiere, um nachträgliche Rissbildung an den Balkenränder/Gefachanschlussfugen weitestgehend zu verhindern.
Andere legen nur ein Armierungsgewebe auf diese Putzschicht.

Kleine Story dazu nebenbei: Ich habe gerade erst in einem großen Fw-haus eine Innendämmung zurückgebaut, deren Winddichtungsschicht gar nicht armiert war. Beim Abbau der Dämmplatten sind uns massenhaft Putzbrocken entgegen gefallen, die sich im Lauf der Zeit von den Dämmplatten UND von den Hölzer gelöst hatten. Winddicht war da keine einzige Außenwand mehr. An ein paar Stellen konnte man sogar sehen wie weit sich eingedrungenes Regenwasser in den Hohlräumen verteilt hatte.

"Was hältst Du von Folgendem: Lehmsteine hochkant mit Dreikantleisten mittig am Lehmstein. Und dann einen Gewebestreifen (irgend etwas natürliches, wind-, muss aber nicht luftdicht sein) auf die Innenseite des Gefachrahmens leimen und innen vor die Lehnsteine legen, 10cm breit, je 5cm auf Holz leimen, vor Lehmsteine legen. Dann weiter mit Lehmbett und Dämmplatten. Wenn die Leimung Dichtstreifen auf Holz hält, könnte das auch bei unterschiedlich arbeitendem Holz und Gefachfüllung wind- (nicht Luft-) dicht bleiben. Was meinst Du?"

Eigentlich habe ich schon alles dazu beschrieben. Es wird nicht funktionieren, weil sich das Holz immer und permanent bewegt. Eine Fugenabdichtung müsste diese Bewegungen IN der Fuge mit machen. Will man innen AUF der Fuge abdichten, muss man auf das Holz kleben. Was wiederum deinem Anspruch widerspricht, dass Holz sichtbar zu lassen. Ein Klebeband müsste überputzt werden, was auf Dauer nicht hält.
Dreikantleisten in die Gefache winddicht einzuleimen funktioniert in der Praxis nicht, weil die Balken viel zu uneben sind. Selbst mit aufschäumendem PU-Kleber nicht annähernd zu 100%. Die Alternative Hanf-/Sisalseile statt Dreikantleisten wird auch nicht funktionieren, weil man das Seil niemals überall "press" ans Holz montiert kriegt. Davon abgesehen, selbst wenn due Fuge zwischen Balken und Dreikantleiste/Seil dicht werden und bleiben würde, weil hier verklebt wurde, wird die Fuge zwischen Leiste/Seil und Ausmauerung undicht werden.

Es gibt Dinge die sind in der Theorie denkbar, aber in der Praxis nicht so umsetzbar, dass sie dauerhaft funktionieren. Dieser geplante Wandaufbau gehört m. M. n. dazu.
Wenn es dir darum geht die Ausfachungen möglichst dünn zu bauen, schraube lieber breite Leisten/Kanthölzer in die Gefache, beplanke sie außen und innen mit Holzfaserdämmplatten und fülle den Zwischenrum mit Holzflex oder Einblasdämmung, o. ä.. Dann hast du eine wesentlich bessere Dämmung, leider einen schlechteren Schallschutz.
Dritte Alternative: Klassische Stakung, Flechtwerk und Strohlehmbewurf, die kann man relativ dünn bauen,
vierte Alternative: Die Gefache mit Stroh- od, Holzhackschnitzel-Leichtlehm ausstampfen.
Was aber in beiden Fällen den weiteren Aufbau der Innendämmung betreffend, der Gleiche ist wie bei Lehmsteinen.

Das außen ein entsprechender (Kalk-)Außenputz drauf kommen sollte, sei noch zum Schluss erwähnt.

Gruß,
KH
 
verstanden-nachfragen-hochkant-i30287_20221219214044.jpgVerstanden, akzeptiert, noch Nachfragen

Lieber Karl-Heinz,

ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche, sehr kompetente und auf meine individuelle Herausforderung eingehende Stellungnahme!

Ich habe alles verstanden und kann es nachvollziehen. Besonders Deinen Einwand, dass ein Fachwerk ohne sichtbare Riegel komisch aussieht, überzeugt mich (erst recht, wenn andere Wände des Raumes welche haben). Ich denke wir werden für den Wohnbereich des Hauses grundsätzlich den Ansatz fahren (und konsequent durchhalten, es stehen noch weitere Räume an) Innenwände in Sichtfachwerk gestallten und Außenwände innen mit einer vollflächigen winddichten Ebene versehen und dort auf das Sichtfachwerk verzichten. Das ist nicht sooo authentisch, sieht aber auch gut aus, ist konsequent, es gibt erprobte und dauerhafte Wandaufbauten (wie auch von Dir beschrieben) und ist bezüglich Dämmung (ok, verstanden, nicht Isolierung!) kein fauler Kompromiss sondern kann auch die eher steigenden Anforderung auch im Denkmalschutz (nicht zuletzt an Klimaschutz) erfüllen.

Dennoch würde ich das Thema gerne ganz zu Ende diskutieren. Für mich (vielleicht auch für die Community) , damit das Thema abschlossen ist, und für Bereiche bei denen der Schwerpunkt auf Optik und nicht auf Wärmedämmung liegt. Bei uns ist das z.B. der Bereich der Tenne, der nicht als Wohnraum genutzt wird (Werkstatt, Multifunktion, Party) und nur sporadisch temperiert wird.

Ich hoffe Du nimmst es mir nicht übel, wenn ich aus Lainensicht das ein oder andere Detail noch einmal präzisiere bzw. hinterfrage:

Kippelige/herausfallende Gefache: Kenne ich, habe noch den ein oder anderen Kandidaten. Wenn ich Gefache neu gefüllt habe, habe ich in meiner Naivität die Lehmsteine an den Seiten mit einer Kerbe versehen, in die die Dreikantleisten greifen. Ich bin so der Auffassung eine dauerhaft kraftschlüssige Verbindung hergestellt zu haben, die Kippeln, selbst kleine Spalte oder gar Herausfallen verhindert. Deine grundsätzlichen Einwände bzgl. der Hochkant-Variante sind natürlich zutreffend.
- Ist das so fachmännische bzw. eine Option (flach oder hochkant mal dahin gestellt)?
- Reduziert das aus Deiner Sicht die Gefahr kippeliger Gefache, auch bei der Hochkant-Variante?

Bzgl. des Einbaus von Gewebedichtstreifen habe ich mich glaube ich nicht präzise ausgedrückt. Ich habe die Skizze dahin gehend ergänzt (s. Anlage, rot eingezeichnet, beispielhaft unten auf der Schwelle). Wenn die Leimung Dichtstreifen/Holz hält und die andere Seite des Streifens einige Zentimeter im Lehm eingebettet ist, sollte das doch dauerhaft einigermaßen winddicht sein, oder?

Zur Info: Hanfsteine haben Wärmeleitfähigkeit 0,07W/mK, Leichtlehmsteine 0,25W/mK, also 4x besser.
Dein Vorschlag mit breiten, beplankten Leisten und Volldämmung ist natürlich viel konsequenter. Hatte ich nicht auf dem Schirm. Daher die Nachfragen:
- Kann man tatsächlich auch außen den Kalkputz direkt auf Holzfaserplatte machen?
- Die Winddicht-Thematik bleibt in diesem Aufbau, oder wie kann man das hier sicherstellen/verbessern?

Ich hoffe ich gehe Dir nicht auf den Wecker. Über kurze, auch unbegründete Antworten würde ich mich noch einmal sehr freuen.

Viele Grüße,

Dietrich
 
Weitere Antworten

Hallo Dietrich,

gern geschehen. ;-)
Ich habe eure website besucht: Hut ab!
So ein Projekt tun sich die wenigsten an, da helfe ich erst recht gerne.

Zu dem Missverständnis und deinen Überlegungen/Fragen:
Erst mal zum Begriff "authentisch" (ich stehe mit dem etwas auf Kriegsfuß, aus der Zeit in der ich noch häufig Mittelaltermärkte besuchte): Manchmal kommt es mir vor als würde der Eine oder die Andere ihn mit extremistisch verwechseln, bzw. den Begriff zu extremistisch verwenden. Was ich jetzt nicht auf dich beziehe.
Authentisch wäre in der Denkmalpflege, oder auch "nur" bei der Sanierung eines alten Gebäudes, den Originalzustand mehr oder weniger wiederherzustellen. Dazu müsste man aber wissen wie er ursprünglich war. Herunter gebrochen auf euren Hof, kann ich mir nicht vorstellen, dass in den "Herrschafts"-Wohnräumen die Wände innenseitig ursprünglich fachwerksichtig waren. Die Bewohner waren damals schon auf "edlere" Ausstattung bedacht. Selbst in "Arme-Leute-Häuser" kenne ich es so.
Selbst wenn Balken an Innenwänden sichtbar standen, wurden sie zumindest mit gekälkt und evtl. Farbornamente- /-bänder drüberweg durch gemalt.
Dazu kommt, an Außenwänden ging es auch damals schon um Winddichtigkeit. Deshalb wurden, der besseren Anhaftung wegen, die Balken mit Beilhieben/-kerben aufgeraut und Strohlehmputz, plus dünnem Kalk-Oberputz vollflächig drüber gezogen. Von daher ist es mindestens genauso authentisch Fachwerk-Außenwände vollflächig zu belegen. Mit was belegen, ist dann die nächste Frage, das nächste Thema.

".....die Lehmsteine an den Seiten mit einer Kerbe versehen, in die die Dreikantleisten greifen. Ich bin so der Auffassung eine dauerhaft kraftschlüssige Verbindung hergestellt zu haben, die Kippeln, selbst kleine Spalte oder gar Herausfallen verhindert...."
Die Kerben zu den Dreikantleisten hin sind fachlich völlig richtig. Es gibt Lehmbauer die keine Kerben in Steine schneiden/klopfen, weil der Mörtel sich sowieso um die Dreikantleisten legt, aber die Kerben sind kein Fehler!

Ich habe mit dem Begriff "kraftschlüssig" einen falschen verwendet. "Kraftschlüssig" bedeutet, dass zwei Bauteile mindestens press-, genau genommen kräfteübertragend/-weiterleitend verbunden sind.
Was in dem Zusammenhang falsch ist, weil im Fachwerkbau die Ausfachungen niemals kräfteübertragend sind, bzw. sein sollten. Nur die Balken, die Fachwerk-Konstruktion ist der tragende Teil. Die Ausfachungen sind nur Füllungen.
Ich hätte besser "dauerhaft fest sitzend", "unbeweglich", also ohne mehr oder weniger offene/breite Anschlussfugen, schreiben müssen.

Dreikantleisten halten zwar eine Ausfachung im Gefach, aber die Risse/offenen Anschlussfugen, die man an der Oberfläche sieht, ziehen sich hie und da bis ins Gefachinnere, auch um die Dreikantleisten herum. Dazu kommt, dass sich das Holz witterungsbedingt ständig "bewegt", sprich quillt und schrumpft und das gesamte Gebäude sich bewegt (Windruck, Heben/Senken des Untergrunds/der Fundamente bei Frost/Tau) Deswegen können, auf Dauer gesehen, die Leisten die Ausfachung nie "unbeweglich" halten. Gemauerte Ausfachungen sitzen im Gefach unten meistens fest auf, an den anderen 3 Seiten sind sie mehr oder weniger "lose".
"Meistens", deshalb, weil in es in schrägen oder, dreieckigen, nach unten enger zu laufenden Gefachen auch vor kommt, dass die untere Fuge offen ist, die Ausfachung quasi zwischen den seitlichen Balken klemmt.

Zur "Problematik" hochkant stehender Lehmsteine: Zum Einen hängt es von der Herstellungsweise der Steine ab, ob und wie die innere Struktur/ das innere Gefüge der Steine ist. Es gibt stranggepresste Steine, die wenn man sie zerfallen lässt, zwiebelschalenartig auseinander bröseln. Bildlich gesehen kann man deren innere Struktur mit den Jahresringen von Bäumen vergleichen. Und es gibt Lehmsteine die "formgeschlagen" sind. Deren Struktur ist eher "undefiniert", im Sinne von unstrukturiert. D. h., es gibt wenig bis keine "Schichtung" (wie bildlich gesehen, die Jahresringe). ABER, die Formgeschlagenen werden in eine Form "gepatzt"/geschlagen/geworfen/gepresst (kennt man aus Filmen aus südl. Ländern). D. h., sie werden nur in eine Richtung, die "flache" Seite verdichtet. Nach den Seiten werden sie nur indirekt durch den Gegendruck der Form/Schalung verdichtet. D. h., die Tragfähigkeit haben diese Steine mehr flach liegend als hochkant stehend.
Der Kipppunkt ergibt sich einfach aus der Geometrie der zusammen gemauerten Steinscheibe. Je dünner ein Körper im Verhältnis zu seiner Höhe ist, umso schneller fällt er um. Anders gesagt, eine mit "flach" liegenden Steinen, 11,5 cm dick ausgemauerte Ausfachung kann wegen der größeren Diagonalen von außen-unten nach innen-oben weniger weit aus einem Gefach vor kippen als eine nur 7 cm dicke Steinscheibe. Die dickere bleibt früher am oberen Querholz hängen.
Auch wenn das nur ein paar wenige mm ausmacht, können genau die 2, 3, 4 mm den entscheidenden Ausschlag geben, ob Regenwasser von außen noch über die Vorderseite des Querholz auf die Vorderseite/Oberfläche der Ausfachung abtropft und darüber nach unten abfließt, oder von der Vorderseite Querholz auf die Oberseite der Ausfachung tropft und ins Gefach rein läuft.

"Bzgl. des Einbaus von Gewebedichtstreifen habe ich mich glaube ich nicht präzise ausgedrückt. Ich habe die Skizze dahin gehend ergänzt (s. Anlage, rot eingezeichnet, beispielhaft unten auf der Schwelle). Wenn die Leimung Dichtstreifen/Holz hält und die andere Seite des Streifens einige Zentimeter im Lehm eingebettet ist, sollte das doch dauerhaft einigermaßen winddicht sein, oder?"
Ich sage es mal so: Theoretisch ist das eine gute Idee, vor allem wenn der Dichtstreifen noch so elastisch bleiben würde, dass er die permanenten Bewegungen des Fw mitmachen könnte.
Ich frage mich nur wie das in die Praxis umgesetzt werden kann: Man klebe den Dichtstreifen mittels dicker Kleberraupe (damit auch die Risse im Holz zu sind) auf die Balkenmitte (unten brauchts keinen, die Ausfachung sitzt fest auf), nagele darauf die Dreikantleisten, mauere die Steine ins Gefach, stopfe die Anschlussfugen,.... wo kommt der Dichtstreifen hin? Wie kriegt man den Fügenmörtel hinter den Dichtstreifen, wenn er "wie eine Wand" zwischen Holz und Stein hängt? Wie ist gewährleistet dass er zum Schluss immer noch so viel Speil hat um beweglich zu sein, sich dehnen zu können, ohne dabei den Fugenmörtel weg zu drücken/ziehen/sprengen?
Mit sehr viel Zeit und Geduld und wenn man von innen und außen arbeiten kann, mag das vielleicht irgendwie gehen. Überall, d. h., an allen Stellen an allen Gefachen, höchstwahrscheinlich nicht.
Kleine Anmerkung nebenbei: Es gab (gibt?) einen Anbieter eines zweiteiligen, metallenen Dehnungsprofils, dessen einer Teil, quasi ein dünnes "Y", in die Balken geschlagen wurde, der andere Teil in den ersten gesteckt und in eine tiefe Kerbe in den Stein vermörtelt wurde. So dass der eingemörtelte "Streifen" in dem "Y" bewegen kann. Außer vor etlichen Jahren auf einer Ausstellung habe ich dieses Dehnungsprofil noch nirgends gesehen und kenne keinen Lehmau-Kollegen der das mal verwendet hat.
Vermutlich aus dem genannten Grund, die Idee, bzw. das Prinzip ist nicht schlecht, aber praktisch meistens nicht umsetzbar.
Du kennst es bestimmt: Nur die Dreikantleiste in ein kleines Dreiecksgefach zu nageln/tackern ist manchmal schon eine Herausforderung.....in die Balkenmitte schon oft nicht möglich.....

Das nächste "Problem" sind dann/auch die Balkenstöße im Fachwerk.
Selbst wenn die Anschlussfugen der Ausfachungen mehr oder weniger dicht sind, gibt es immer noch die Undichtigkeit der Balkenstöße (Riegel zu Ständer, Streben zu Ständer, usw.). Die Stöße sind mindestens bis an die Zapfen mehr oder weniger offen. Sind Zapfen auch schon angegammelt, gehts durch bis ganz nach innen. D. .h, einerseits "pfeift" da der Wind rein, andererseits, was viel gefährlichr ist, läuft da bei Schlagregen das Wasser rein......und kann dann nirgends mehr raus, weil die Gefachanschlussfugen per Dehnungs-"irgendwas" abgedichtet sind. Heißt, gleicher Effekt wie bei den berüchtigten Silikon-/Acryl-Abdichtungen: Das Wasser staut sich hinter der Dichtung vermehrt, das Holz und die Ausfachung saugen sich vermehrt voll, die Rücktrocknung dauert viel länger, meistens zu lange, das Holz verrotten von innen heraus, Pilze wachsen in den Gefachen, man sieht/bemerkt es viel zu spät ---> Horrorszenario Kapitalschaden....

"Zur Info: Hanfsteine haben Wärmeleitfähigkeit 0,07W/mK, Leichtlehmsteine 0,25W/mK, also 4x besser."
Ich habe mich selbst bisher noch nicht mit Hanfsteinen befasst. Frage sind die Anwendungsklasse 1a, zugelassen für balkensichtiges Fw?
Abgesehen davon, alle Angaben/Werte zu Wärmeleitfähigkeit/Wärmedurchlasswiderstand gelten nur für trockene Materialien. Ausfachungen in einem balkensichtigen Fachwerk werden aber zwangsläufig mehr oder weniger feucht.
Von daher, nimm die Werte nicht zu wörtlich. Wenn der Hanfstein mehr oder schneller Feuchte aufnimmt, oder langsamer abgibt als ein anderer Leichtlehmstein, ist vielleicht am Ende nix gewonnen. Vielleicht, ich weiß es nicht.

"Kann man tatsächlich auch außen den Kalkputz direkt auf Holzfaserplatte machen?"
Direkt nicht, zuerst muss eine Haftbrücke auf die Platten. Ich verwende dazu den Kalkhaftputz HP 14 von Hessler.
Das ist zwar außerhalb jeder Herstellergewährleistung/-freigabe, funktioniert aber. Die ersten Außenputze habe ich so vor ca. 10 Jahren gemacht. Wenn man ganz sicher gehen will, kann man auch zuerst die von den Hersteller freigegebenen Haftbrücken aufziehen und darauf den Kalkputz drüber ziehen.
Wichtiger ist nur verputzbare HFD-Platten zu verwenden die für außen/Bewitterung zugelassen sind.
Die Anschlussfugen solcher Ausfachungen kann man mit Stopfhanf ausstopfen. Der ist dann auch elastisch (zur Winddichtung)
Schau mal bei den bekannten HFD-Hersteller unter WDVS.

"Über kurze, auch unbegründete Antworten würde ich mich noch einmal sehr freuen"
Gebe ich gerne, nur "kurze" ist bei der Thematik schwierig. Würde nur direkt x neue Nachfragen ergeben.... ;-)

Gruß,
KH
 
Quintessenz: Sichtfachwerk innen nicht authentisch

Hallo Karl-Heinz,

danke noch mal für Deine detaillierte Stellungnahme.

Die wesentliche Erkenntnis ist (habe das auch noch weiter recherchier), dass Sichtfachwerk innen wohl nicht bauzeitlich authentisch ist. So stellt sich die Herausforderung also nicht und ich kann eine durchgehende, vollflächige winddichte Schicht an den Außenwänden erstellen.

Wenn ich mal Langeweile habe (2027+) werde ich den hier diskutierten Wandaufbau mal in einem Gefach der Tenne (ungeheizt) ausprobieren. Ein Produkt für den Dichtstreifen habe ich gefunden (https://www.hanffaser.de/uckermark/index.php/eckstreifen). Werde das dokumentieren und hier berichten.

Viele Grüße und eine entspannte Zeit!

Dietrich
 
Re: Wandaufbau ausprobieren

"den...Wandaufbau mal in einem Gefach der Tenne (ungeheizt) ausprobieren"....bezügl. "(ungeheizt)"
Wenn das Klima innen und außen gleich ungeheizt ist, erübrigt sich der Aufwand da ja kein Dampfdruckgefälle entsteht. Die Situation ist im Prinzip das Gleiche wie bei Innen-/Zwischenwänden, nur halt bei anderen Temperaturen. D. h., ein "Ergebnis" eines solchen Versuchs kann man nicht auf Außenwände eines geheizten Gebäudes/Wohnraum übertragen.

Wenn es dir nur um die Stabilität einer "Hochkant-Ausmauerung" geht, reicht es nur die Steine entsprechend ins Gefach zu mauern. Ob eine mehr oder weniger weiche Dämmplatte dahinter sitzt, oder nicht, ändert nichts an der Festigkeit/Stabilität der gemauerten Steinscheibe.

Gruß,
KH
 
Thema: Das Unmögliche: Beidseitig Sichtfachwerk mit nennenswerter Dämmung

Ähnliche Themen

H
Antworten
11
Aufrufe
1.791
Goller Hermann
G
V
Antworten
3
Aufrufe
1.660
Jan Hoffmann1
J
P
Antworten
5
Aufrufe
2.844
Manfred Plankensteiner
M
Zurück
Oben