Kein Titel

Diskutiere Kein Titel im Forum Farben & Stuck im Bereich - Hallo! Ich werde mir nächste Woche ein altes Fachwerkhaus kaufen und habe dazu sehr viele Fragen. Die erst stelle ich hiermit: Da es sich aber...
Besten Dank für die Hinweise!
Wenn ich mal in Hanau bin, würde ich das sehr gerne mal anschauen!
Mein Haus ist ja sicher deutlich jünger, eher Mitte 18. Jahrhundert und nur ein einfaches Bauernhaus. Wäre interessant, ob es noch mehr vergleichbares in der Nähe gibt, vielleicht könnte man dann eine lokale Werkstätte oder zumindest Tradition rekonstruieren.

@Gerd aka Sorra Ber: Um was handelt es sich denn bei der braunen Masse, die auf dem Stuck zu erkennen ist? Wurde die Farbe erst mit Beize angelöst?
 
@Sebastian Surke

@Gern aka Sorra Ber: Um was handelt es sich denn bei der braunen Masse, die auf dem Stuck zu erkennen ist? Wurde die Farbe erst mit Beize angelöst?

Bin ich damit gemeint?

Ich habe Lehm auf die Decke gespritzt, 2-3 Tage feucht drauf gelassen um die darunter liegenden Farbschichten an zu lösen und leichter abschälen zu können.

Grüße
 
fachwerk-I23152_2018216174851.jpgDas Ihr Haus nur ein einfaches Bauernhaus ist bedeutet nicht das auf Dekoration verzichtet wurde. Auch die Bauern wollten gern wie die Herren leben. Das Foto zeigt eine Stuckdecke aus einem Bauernhaus um 1760. Von der Formensprache gesehen, 100 Jahre zu spät. Aber oft wurden hochgestellte Gebäude Dekoriert und die Meister kamen aus entlegenen Gebieten. Auf den Baustellen halfen Handwerker aus der Gegend die das Handwerk auf den Baustellen erlernten. Die Bevölkerung in der Umgebung orientierte sich an den Dekorationen der Herren und ihrer Herrenhäuser. So wurde der Zeitgeschmack geprägt.Die Handwerker blieben im Gegensatz zu den Ortsfremden Meistern meistens lokal verbunden und bekamen wenige Einflüsse von aussen. So trugen sie ihre erlernten Formen und Fähigkeiten von Generation zu Generation. Da sie vor Ort geblieben waren, arbeiteten sie nur in einem bestimmten Umkreis und Dekorierten auch Wohn- und Bauernhäuser. Kunstgeschichtlich gesehen keine Seltenheit.
Bitte die Decke nicht anfeuchten! Bei dem Bild von Herrn Meurer erkennt man deutlich das die Stuckschicht aus einem Gips- Kalk Mörtel besteht. Der Lehmstuck zieht Feuchtigkeit und wird weich! Damit ist die Gefahr sehr hoch das man den Lehm beim Freilegen zerstört! Bei Gips Kalk Mörteln kein Problem.
 
fachwerk-I23075_201821618748.JPGJa, Herr Meurer, damit waren Sie gemeint :)

Nochmals vielen Dank für die wichtigen Hinweise!

Das Anfeuchten der Farbe wäre bei mir auch gar nicht nötig gewesen, da sich diese sehr gut auch so von der Stuckoberfläche löst. Ich habe die auf den Fotos sichtbaren freigelegten Bereiche gestern innerhalb von etwa 1-2 Stunden mit einem einfachen Küchenmesser freigelegt, ohne den Stuck zu beschädigen. Im Zweifelsfall habe ich lieber noch die unterste Farbschicht drauf gelassen. Es ging mir zuerst nur um Sondierungen, da Anfang nächster Woche der Architekt zum ersten mal vorbei Schaut, um sich von dem Gesamtprojekt ein Bild zu machen.
Da mit der Rauhfasertapete stellenweise schon sämtliche Farbschichten runtergekommen sind, habe ich einfach etwas weiter gemacht, um die Frage nach dem Stuckmaterial und dem ehemaligen Unterzug zu klären.
Außerdem habe ich im oberen Stockwerk etwas Fachwerk von innen freigelegt, indem ich einfach nur die Tapete abgezogen habe (siehe Foto).
Da die Schablonenmalerei aus dem 19. Jahrhundert (Ultramarinblau) links hinter der Innenwand weiter geht, ist jetzt auch klar, dass diese deutlich jünger ist.

Beste Grüße aus dem Spessart
 
Hallo,

na, der Fensterbauer, welcher das Doppelflügelfenster da eingebaut hat, war aber auch nicht zimperlich.

Schade, dass da schon solche Übeltäter am Werk waren.

VG
Hanno
 
fachwerk-I23075_201822121150.JPGneues Foto

Die Plastikfenster wurden vor ca. 20 Jahren eingebaut und werden (hoffentlich) bald wieder ausgebaut.

Hier noch ein neues Foto vom nun nahezu ganz freigelegten Lehmstuck. Das dritte Element (Kreis) muss wohl leider vollständig rekonstruiert werden. Ich fand davon heute nur noch einen winzigen Rest unter ca. 10 Schichten Farbe.

In der Ecke zwischen Wand und Decke scheint sich auch ein Profil befunden zu haben, Reste davon konnte ich erkennen. Es ist aber wohl nur noch teilweise erhalten. Ich hoffe, ich finde eine Stelle, anhand derer man das gesamte Profil rekonstruieren kann.

Beste Grüße
Sebastian
 
fachwerk-I23075_201822121542.JPGNoch ein ...

...Foto. Falls sich jemand dafür interessieren sollte...
:)
 
Na sieht doch sehr gut aus! Bei den nächsten Schritten sehr bedacht und vorsichtig vorgehen!
War der Architekt da? Was hat er zur Statik der Decke gesagt? Denken Sie immer noch das es sich bei der dunklen Schicht um Ruß handelt?
 
fachwerk-I23075_2018222174452.JPGDer Architekt...

... hatte letzten Freitag einen Herzinfarkt und liegt auf der Intensivstation.
Ich fürchte, ich muss mir einen neuen suchen. Da er diese Woche das Haus anschauen wollte, ist leider nichts draus geworden.

Die Decken-Balken scheinen aus Buche zu sein und sind ca. 25cm breit, der erhaltene Unterzug ist definitiv Buche. Er wurde leider recht rabiat behandelt, wodurch man aber große offene Holzflächen mit den eindeutigen Merkmalen erkennen kann. Ich nehme an, dass deswegen auch die Decke so durchhängt, da Buche ja recht kurzfaserig ist. Den verlorenen Unterzug werde ich wohl aus einer besser quer belastbaren Holzart rekonstruieren, um ein weiteres Absinken der Decke zu vermeiden, wenn die Trennwand mal entfernt wird. Sie wurde vermutlich erst im 20. Jahrhundert eingebaut, die Holzverkleidung läuft dahinter durch.

Einige Stellen des Stucks sind leider locker, die muss ich irgendwie wieder befestigen. Einzelne alte Schadstellen - i.d.R. kleinere Ausbrüche - habe ich unter den Farbschichten auch gefunden.
Und, ja, ich denke immer noch, dass es sich um Ruß handelt, da ich mir die Verfärbung anders nicht erklären kann. Außerdem befindet er sich unter der untersten Farbschicht. Ich könnte mir auch erklären, dass in dem Raum absichtlich ein offenes Feuer entfacht wurde, damit die Kalkschicht auf dem Lehm schnell und gut aushärtet, was ja durch die Aufnahme von CO2 erfolgt, was wiederum bei anwesenheit von offenem, vor allem rauchigem Feuer ja in großen Mengen in der Raumluft vorhanden gewesen sein muss. Und die Aushärtung ist definitiv erfolgt, denn die Oberfläche des Stucks ist in der Tat sehr hart!
 
Deckenputz

Quatsch.
Das ist keine Räucherkammer.
Wenn nachgeholfen wurde dann mit Kohlebecken/Kokskörben und Koks oder Holzkohle. Die rauchten nicht. So etwas kam auch nur bei größeren Bauvorhaben zum Einsatz.
So eine verräucherte Decke die Sie vermuten würde man riechen. Die stinkt auch noch nach Jahrzehnten beim Freilegen, sobald Feuchtigkeit drankommt.
 
Räucherkammer

Vielen Dank Herr Böttcher, für Ihre Hinweise!
Ich hätte ja nichts dagegen, dass es kein Ruß wäre, aber was ist es dann?
Denn:
1. Die Decke wurde bisher nicht feucht, zumindest nicht in den letzten Jahrzehnten.
2. Die freigelegte Schicht ist ca. 250 Jahre alt und die alten Farbschichten, die ehemals möglicherweise vorhandene riechbare Moleküle absorbiert haben, hab ich entfernt, aber insofern haben Sie recht, dass ich keinerlei Rauchgeruch wahrgenommen habe. Allerdings waren die untersten Farbschichten deutlich gelblich verfärbt, je älter, desto stärker. Könnte natürlich auch andere Ursachen haben.
3. Den habe ich aber in der definitiv verrußten ehemaligen Backstube auch nicht wahrgenommen. Und die wurde häufiger und länger verraucht.

Ich habe gestern etwas recherchiert und festgestellt, dass im sehr nahen Umkreis (ca. 1km) an mehreren Stellen Dolomit abgebaut wurde und bis ins 19. Jahrhundert hinein das gewonnene Material zu Kalk mit hohem Magnesiumanteil gebrannt wurde. Das Material war im 20. Jahrhundert unter dem Begriff "Aschaffenburger Schwarzkalk" bekannt. Könnte es sich dann evtl. um Magnesium-Ablagerungen handeln? Es handelt sich um eine sehr dünne Schicht auf dem auch schon recht dunkelgrauen Mörtel, der die äußerste Schicht des Stucks bildet.
 
Wenn Sie Ruß ausschliessen, denke ich das es sich um eine Schellack Grundierung handelt. Das machen wir heute noch so. Wenn man den Lehmstuck einfach kalkt kommt es oft zu störenden Durchschlägen da das Wasser Verunreinigungen im Lehm löst und diese immer weiter mitwandern. Dafür verwendet man den einfachsten Schellack der nicht gereinigt ist und damit sehr dunkel auftrocknet. Der Schellack härtet auch nochmal den Untergrund und macht den Aufbau einer Kalkfassung einfacher.
 
Dass es sich um eine Schellack-Schicht handelt, kann ich nicht glauben. Vor allem, da sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts die einfach Landbevölkerung sicher keinen importierten Schellack, vor allem nicht die für die mehrere Quadratmeter große Fläche nötige Menge hätte leisten können. Sämtliche anderen Materialien sind ja möglichst regional und günstig gewonnen worden.

Ich schließe Ruß ja auch noch immer nicht aus, aber habe heute einen weiteren möglichen Grund für die Schwarzfärbung erfahren:
Habe mit einem Geologen gesprochen, der mir mitteilte, dass der regional anstehende Dolomit der Gegend sehr dunkel, nahezu schwarz ist, da er auch größere Mengen Mangan enthält, was für die Schwarzfärbung des Steins hauptverantwortlich ist und demnach auch im Mörtel vorhanden sein muss.
(Ich kenne den lokalen Stein nicht aus eigener Anschauung, da die alten Abbaustellen bzw. Gruben seit Jahrzehnten wieder geschlossen, überwachsen und mittlerweile teils geschützte Biotope sind.)

Werde mal versuchen, ob ich den für eine Schwarzfärbung des Mörtels nötigen Mangangehalt des Stuckmörtels an einer Probe nachweisen kann...
 
fachwerk-I23152_2018223204843.jpgvom Acker an die Decke

Meinen Sie Dolomitkalk, heute auch als Schwarzkalk bekannt und mit hohem magnesium Gehalt? Dieser kam wohl kaum als Baukalk zur Verwendung wegen der hohen Gefahr das es zu Ausblühungen kommt! Als Baukalk nicht verwendbar! Das wusste man wohl noch besser im 18 Jahrhundert. Zur Düngung auf dem Acker ja aber an der Decke wohl ehr nicht.
Stuckateure im 18 Jahrhundert haben immer mit Schellacken gearbeitet. Durch die Lösung in Spiritus war der Verbrauch sehr sparsam und ewig haltbar. Spiritus war überall verfügbar. Wenn sich Ihre Vorbesitzer eine solche Stuckdecke einbauen liessen wird am Anstrich nicht gespart worden sein. Die "einfache Landbevölkerung" hatte damals wahrscheinlich mehr Verständnis für gute Gestaltung und Qualität als heute. Unterschätzen Sie die Tatsache nicht das eine solche Decke in Ihrem Haus, zumindest zum Teil, überdauert hat. In den meisten fällen ist davon nichts übrig geblieben.
 
fachwerk-I23075_2018223235843.JPGDa muss ich Ihnen leider widersprechen. Der Dolomit wird und wurde durchaus nicht nur zu Düngung verwendet, sondern auch als Mörtel. Dies ist in dieser Gegend mehrfach belegt:
Beispiel: "Kalkbrennen war früher eine weit verbreitete Tätigkeit, die im Kleingewerbe an fast allen Zechstein-Dolomit-Vorkommen ausgeführt wurde. So gab es noch in diesem Jahrhundert zahlreiche Kalköfen im Vorspessart und es sind zahlreiche Überreste von Kalköfen aufgefunden worden. Diese Öfen wurden mit Holz befeuert. Neben Kalke zu Bauzwecken wurde auch schon Düngekalk erzeugt." (http://www.spessartit.de/161.htm#Historie)

Eine Firma baut (seit ca.250 Jahren) in der Gegend noch immer Dolomit ab und verarbeitet diesen auch zu Mörteln, u.a. zu Mörteln für Restaurierungszwecke.
Unter anderem wurde mit diesem Mörtel das Schloss der Mainzer Erzbischöfe in Aschaffenburg nach den schweren Kriegszerstörungen 1945 wiederaufgebaut, nachdem schon nachweißlich im frühen 17. Jahrhundert gebrannter Dolomit-Kalk der gleichen geologischen Formation zum Bau des Schlosses geliefert wurde.
(http://www.kalkwerk-hufgard.de/?page=moertel)

Ich denke, ich handle auch in Ihrem Sinne, denn ich unterschätze eben gerade die Kenntnisse und Gestaltungen der Erbauer meines Hauses nicht, ganz im Gegenteil, ich möchte die erhaltenen Elemente möglichst schützen und erhalten. Aber leider haben die Erbauer meines Hauses außer den erhaltenen Elementen (Mörtel, Stuck etc.) nichts hinterlassen, vor allem keine Rezepte mit Materialangaben, also sind diese Elemente für mich die allererste Informationsquelle, die ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln untersuchen und beurteilen muss.
Als zweite Quelle für die Zusammensetzung der Materialien und deren Verarbeitung dient mir die Gegend und deren Angebot an verwendbaren Materialien (Geologie und Flora). Als dritte Quelle dient mir heute (noch) vorhandenes Wissen. Da sich die so gewonnenen Erkenntnisse teilweise zu widersprechen scheinen, überlege, prüfe oder frage ich lieber mehrmals kritisch nach und klopfe die unterschiedlichen Informationsquellen auf ihre Überprüfbarkeit bzw. Glaubwürdigkeit hin ab.

Schellack mag an meiner Decke auch verwendet worden sein, da möchte ich mich mit Ihnen nicht streiten, Sie sind ja schließlich hier der Fachmann mit entsprechender Erfahrung. Ich habe allerdings vergleichbare Oberflächen (sehr hart und eher dunkelgrau) mittlerweile auch als unterste Schicht an den Wänden gefunden (Foto). Meinen Sie, dass auch die Wände dann mit Schellack behandelt wurden, und wenn ja, wie ließe sich das heute noch feststellen?
 
"Der Kalk bzw. Dolomit wurde in Stücke gebrochen und in einfachen Schachtöfen mit Holz, später wohl auch mit Kohle gebrannt, gelöscht und dann zu den bekannten Bauzwecken verwendet. Auch als Düngekalk für die mageren Böden des Vorspessarts fand das Material Verwendung.
Dabei wird das hier verwendete Gestein als eine Verwachsung aus wechselnden Anteilen Ca- und Mg-Carbonat auf über 900 - 1.000°C erhitzt und in CaO bzw. MgO überführt, wobei CO2 frei wird. Die entstehenden Klinker werden zu einer pulvrigen Masse gemahlen und abgesackt. Zur weiteren Verwendung wird in Wannen Wasser zugesetzt, welches sich unter einer enormen Wärmeentwicklung zu Ca- bzw. Mg(OH)2 verbindet. Der dann gelöschte Kalk eignet sich als Grundlage für Farben, Putze, Mörtel zum Mauern und für Dünger. Die Aushärtung erfolgt über die Aufnahme von CO2 aus der Luft, wobei sich wieder Ca-Carbonat bildet, welches die einzelnen Mörtelteilchen dauerhaft verbindet.
Die aus hiesigen, etwas manganhaltigen Gesteinen gewonnenen Brannt- oder Schwarzkalke (!) sind aufgrund des Mn-Gehaltes sehr dunkel, so dass eine Verwendung für Anstriche entfällt."

Nochmals von der Seite von Herrn Lorenz (http://www.spessartit.de/161.htm#Historie)

Die nähesten mir bekannten ehemals abgebauten Vorkommen von Kalk (CaCO3) mit nur geringen Anteilen an Mn und Mg (wenn überhaupt enthalten) kamen im äußersten Osten des Spessarts vor, also ca. 40 km entfernt. Dieses Material (für weiße Anstriche) konnte dann über den Wasserweg (ca. 120 km) in kleineren Mengen relativ einfach in den Westspessart transportiert werden.
 
Thema: Kein Titel

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