Thomas, danke für Deine Beteiligung in der Diskussion. Austausch sehe ich hier als sehr wichtig
Ein gesägter Balken ist genauso nachhaltig, solange das Holz von gleicher Güte ist. Die Optik der Oberfläche ist eben nur, die Optik. Nix sonst.
Das stimmt wohl nicht. Solang es keine versteckte Risse in der Baumstruktur gibt, wird es vieleicht kaum merkbaren Unterschied geben. Jedoch Gattersäge wird die Risse nie mitkriegen und die Axt schon, spätestens beim abschwaten. Für Notre Dame hatten wir often zwei Seiten vorgesägt bekommen (warum auch immer) und beim bebeilen hat sich rausgestellt, dass es ausschuss ist. Statisch kaum geignet. Säge hat es nicht mitgekriegt. Optisch kriegst Du das auch nicht mit.
Und ökologisch? Auch ein Sägewerk ist ökologisch. Ein gesägter Balken ist schneller hergestellt als ein bebeilter. Und die Resource "Zeit" ist die wertvollste Resource, die wir haben. Statt zentnerweise Späne entstehen Seitenbretter, die nutzbar sind. Das ist wohl mehr wert als Hackschnitzel.
Wenn geschwindigkeit und Zeit die Nachhaltigkeit definieren soll, dann ist eine Monokultur, Harvester, CNC nachhaltig. Abgesehen davon, dass die riesen Machinen mit einen Energieaufwand hergestellt wurden.
Die Seitenbretter bestehen überwiegend aus Splintholz, so ist es bei Eiche. Wo sollten sie verbaut werden. Bei der Fichte gibt es weniger 'Abfall'.
Zeit: 4 ausgebildete Bebeiler könnten in der gleichen Zeit einen Kantholz wie ein Sägewerk herstellen.
Es ist absolut richtig, für derart hervorgehobene Objekte wie Notre Dame so nah als möglich an der historischen Fertigungsweise zu bleiben. Und ein zusätzlicher Aufwand dafür ist nicht verschenkt. Ich selbst bin Restaurator. Ich weiß solche Technologien zu schätzen. Wenn ich aber in der Manier von 1720 einen Stuhl bauen wollte, mit den Techniken und Werkzeugen von 1720, würde ich niemals sagen, daß das der einzige Weg ist, einen Stuhl zu bauen. Es gibt Stühle für 30 oder 40 Euro, industriell hergestellt, und sie haben ebenso ihre Berechtigung. 8 Milliarden wollen sitzen...
Hier gibt es riesen Unterschied. Bebeilte Oberfläche für 1720 ist authentisch, gesägte ist nun fake. Klar, kann man machen. Billiger geht's immer. Wenn man Techniken von der Zeit beherrscht, ist man nicht unbedingt teurer als mit modernen, teuren Maschinen unterwegs. Es gibt berichte aus der Literatur, wie lange man einen Zapfenloch und Zapfen herstellt.
Mit Absicht habe ich hier den m2 Preis pro bebeilte Fläche geschrieben, um das transparent zu machen. Es ist kein Luxusmaterial, wenn man das mit einem Sägewerk vergleicht. Fichte wird deutlich günstiger. Stämme können direkt vor Ort behauen werden, wo ein Baum gefällt wird. Das heißt - man kann fertige Balken aus dem Wald rauschleppen. Da sparrt man den Logistikaufwand - mehr Fertigmaterial gegen Stammware.
Nächster Vorteil: Krummhölzer. Üblich in dem alten Fachwerk, crocked frame. Viele Bauelemente brauchen nur die Flucht in einer Richtung, Bauelement kann sonst eine S-Form oder Bogenform haben. Industrie und Sägewerke arbeiten damit meistens nicht. Und hier ist die Rede von einer verschwendung, da kann man sich die Splintholzbretter ersparren.
Warum in der Restaurierungszene in Deutschland haben alle so viel Angst vor Bebeilen? Das Thema boomt gerade in Frankreich, in Schweden nimmt zu, Dänemark hat einen Austausch mit Schweden angefangen. Ich sehe deutlich mehr Argumente dafür als dagegen. Museen in Deutschland repräsentieren Katastrophale Qualität. Oberflächen zerhackt, alles viel zu langsam.
Potential ist dafür groß. Die Beile aus dem 17-18 Jhdt im deutschen Raum sind sehr schlecht erforscht und gleichzeitig die besten, die ich bisher im Einsatz hatte.
Thomas, viele Grüße zurück,
2017-2021 hatte ich meine Werkstatt in Dresden.