Kalkestrich
In diesen schönen Artikeln steht nicht wie sich solche Böden nach einem halben Jahr bei normaler Nutzung verhalten. Ich bezweifle das die Nutzer damit lange Freude haben werden.
Es ist einfach nicht sinnvoll so etwas heute einzusetzen da viel zu aufwändig und teuer, falls man denn jemanden findet der die orginalen Techniken wie Terrazzo in Composto oder Terrazzo Veneziano noch beherrscht. Es wurde mit hydraulischem Kalk und/oder latenthydraulischen Zuschlägen gearbeitet. Das fiel komplett weg als Zement billig zur Verfügung stand, er ist dafür besser geeignet statt Kalk. Die Kombination Kalk-Kork ist als Oberfläche jedenfalls unbrauchbar.
Einen weichen Zuschlagstoff in eine ohnehin schon relativ weiche Bindemittelmatrix einzumischen- auf diese blöde Idee wäre vor ein paar hundert Jahren niemand gekommen.
Früher wurden Kalk- oder Anhydritestriche nur in untergeordneten Räumen wie in Dachböden eingesetzt oder sie mussten mit aufwändigen Verfahren verschleißfest gemacht werden.
Heute werden solche nachempfundenen Estriche ähnlich wie Beton oder moderne Estriche behandelt; sie werden maschinell gemischt und erdfeucht bis steifplastisch in
einer, max. zwei Lagen eingebaut.
Das sah früher anders aus.
Lehm,- Kalk- und Gipsestriche wurden in mühsamer und zeitaufwändiger Arbeit mit hoher Verdichtung und nahezu optimalen Wassergehalten hergestellt. Weiche,
nachgiebige organische Zuschläge wie Korkschrot, Häcksel oder Sägespäne zur Wärmedämmung gab es nicht
Das bedeutete schichtweisen Einbau unter hohem Aufwand an Schlagen und Stampfen mit dem Pflegel oder der Pritschbläuel, das waren Schlaghölzer.
„Kalkestrich wird nur noch selten ausgeführt, er ist in Deutschland fast ganz durch den Zementestrich verdrängt worden. Zu seiner Herstellung wird meist ein Gemisch aus kleinen Steinen, Sand und hydraulischem Kalk verwendet. Dieses Gemenge wird auf einer festgestampften Unterlage von Steinen oder Sand in zwei bis drei Lagen ausgebreitet, von
denen jede für sich zu stampfen ist, bis sich an der Oberfläche Wasser zeigt. Für die obere
Lage verwendet man, wohl auch zur Erzielung größerer Feinheit, ein Gemenge aus 1 Teil Kalkpulver und 2 Teilen feinem, reinem Sand. Nach dem Abrammen ist die obere Lage mit der Maurerkelle zu glätten und der Estrich während
der folgenden 3 bis 4 Tage anzufeuchten. Nach völligem Austrocknen ist wieder ebenso wie bei dem Gipsestrich ein- bis zweimaliges Tränken mit Leinöl anzuraten.“ (Adolph
Opderdecke, Handbuch des Bautechnikers Band 2 der Maurer, Leipzig 1910).
Das heißt, überschüssiges Anmachwasser wurde ausgetrieben, es entstand ein nahezu ideales Korngefüge. Der hydraulische Kalk hatte bedingt durch die andere Art der Erhärtung keine Schrumpfungsneigung, da keine Ettringitbildung erfolgte. Das vorhandene Kalkhydrat wurde praktisch
vollständig zu Calciumsilikathydraten umgebaut.
Also auch schon früher keinen „reinen“ Kalk, dafür
aber eine arbeitsaufwändige Verarbeitung.
Das so ein hochverdichteter historischer Estrich nicht vergleichbar ist mit einem steifplastisch bis erdfeucht eingebautem, mäßig ver dichteten modernen Kalkestrich
sollte klar sein.