Fachwerknormung
Lieber Florian,
das man verformtes, altes Fachwerk nicht mehr mit Gewalt geraderücken soll ist doch zwischen uns unstrittig.
Das man einem Gebäude auch die Spuren und die Patina seines Lebens ansehen soll auch. Aber kommen wir auf die Ausgangsfrage, die Normierung zurück:
Fachwerknormen heißt doch nicht das alle Häuser gleich aussehen müssen.
Aber die Beachtung von empirischen Erfahrungen und Regeln ist doch auch Normung in dem Sinne. Dadurch muß nicht jede Generation die gleichen Fehler wiederholen.
Das ist für mich auch Normung. Wenn das dazu führt, das solche krummen Häuser als Neubauten nicht mehr zu sehen sind dann ist das für mich kein gestalterischer Verlust.
Wenn Du Dir ein Haus mit 15° schiefer Ebene als Fußboden bauen willst dann ist das auch heute noch möglich. Jeder soll dieses individuelle Recht auch haben.
Nur sollte es dann eben kein Wohnhaus sein, denn darunter versteht die überwältigende Mehrheit der Deutschen etwas anderes, eben die Einhaltung gewisser Normen. Du solltest es deshalb nicht als Aufenthaltsraum deklarieren.
Baufehler und Baumängel als Ausbund individueller Gestaltungsfreiheit zu feiern halte ich deshalb trotzdem für falsch (das geht nicht gegen Hundertwasser, ich habe einige seiner Werke selber hängen).
Also, reite Deine Attacken besser gegen die wirklichen Kulturbanausen. Ich glaube, was Ästhetik und Gestaltung betrifft liegen wir gar nicht so weit auseinander.
Viele Grüße