Vorfragen
Bitte folgende Vorfragen klären:
- muss eine echte öffentliche Vergabe erfolgen (z. B. bei öffentl.-rechtl. Auftraggeber oder Auftraggeber, dem durch Förderbescheid die öffentl. Ausschreibung aufgegeben wurde), falls ja: dann darf kein konkretes Produkt benannt werden (= "Mörtolan Bombastofest oder gleichwertig" wäre unzulässig)
- ein privater Auftraggeber kann hingegen im Grundsatz machen, was er will; allerdings verpflichten Architekten- bzw. Planungsverträge den Planer zur Durchführung von (privaten) Ausschreibungen. Das kann man mit dem Auftraggeber aber auch ganz anders vereinbaren.
- hat man eine auf die eine oder andere Weise eine Vorgabe des Auftraggebers zur wirtschaftlichen Ausschreibung, kann der Planer nicht von sich aus und sehenden Auges eine "teurere" Ausführung vorsehen, wo eine "einfache" genügt
Beim letzten Punkt "beißt" sich der Gedanke an einen Kalkputz mit der rechtlichen Vorgabe zu wirtschaftlicher Ausführung. Nach meiner Kenntnis sind vernünftige Kalkputze nicht zum Preis von Kalkzementputzen zu haben. Und dann gilt eben: gibt es keine TRIFTIGEN Gründe gegen einen preiswerten Kalkzementputz, DARF es auch kein teurerer (Kalk-)Putz sein. Triftige Gründe wären z. B. "Kalk an Holz", "Wand muss hohen zeitweiligen Feuchteanfall aufnehmen und abgeben können" etc.. Es muss also so liegen, dass die Vorteile von Kalkputzen wirklich zwingend nötig sind - und nicht nur ein guter Nebeneffekt.
Wenn es nicht so liegt, muss sich der Planer von höchster Stelle absegnen lassen, dass ein Kalkputz trotz der Mehrkosten zur Ausführung kommen darf. Ansonsten erbringt er seine Planung "mangelhaft" (nämlich: entgegen der Pflicht zur wirtschaftlichsten Planung). Hinzu kommt, dass reine Kalkputze für außen und erst recht im Sockelbereich nach meiner Kenntnis nicht den aktuellen DIN-EN-Vorgaben entsprechen. Dass wäre dann die Ausschreibung einer Bauausführung, die von den (vermeintlich) anerkannten Regeln der Technik abweicht. Das muss man sich extra vom Bauherrn genehmigen lassen, wobei man auf alle Eventualitäten hinweisen muss.
Nachtrag I: In der Sache dürfte ein Kalkputz produktneutral am besten durch Angabe (höchstzulässiger) Festigkeit und Wasserdampfdurchlässigkeit zu beschreiben sein.
Nachtrag II: Es wäre natürlich möglich, dass seitens der Bauherrschaft konsequent darauf geachtet wird, dass der Bau ein gesundes Klima aufweist und für Allergiker geeignet ist. Dann wäre freilich ein baustellengemischtes bzw. volldeklariertes Kalkputzprodukt notwendig.
Nachtrag III: Die lieben Kinderlein und die vergleichsweise geringere Festigkeit von Kalkputz sollte auch bedacht werden. Es gibt doch nur Ärger, wenn die nagelneuen Räume binnen Jahresfrist einer Renovierung bedürfen, jährlich gespachtelt werden müssen und noch innerhalb der Gewährleistungszeit dann aus Frust mit einer strapazierfähigen Tapete zugekleistert werden.