Fensterbankfreiräumer und das Geheimwissen der Omis
Entgegen Erwins Meinung denke ich, dass es auch normal beschäftigten Leuten durchaus möglich ist den Feuchtigkeitshaushalt durch Lüften zu regulieren. Die von Hanshorst verfehmte Stoßlüftung ist ausreichend dazu geeignet - wenn man das denn richtig macht.
Unter anderem sind "normal" beschäftigte Leute weniger zu Hause als nicht normal beschäftigte Leute, dementsprechend ist auch der Feuchteeintrag ein ganz anderer.
Im Rahmen meiner gutachterlichen Tätigkeit begegnen mir die meisten Schimmelbefälle in rundumdieuhrbewohnten Wohnungen. Die Bewohner hätten durchaus ausreichend Zeit um vernünftig zu lüften, haben aber entweder keine Lust, keine Kenntnis, handeln aus Trotz oder mangelndem Energieeinsparverständnis. In jenen Wohnungen hinterlegte Datenlogger haben vielfach mangelndes Lüftungsverhalten genauso belegen können wie einen durch Kipplüftung entstandenen Schimmelschaden an mehreren Fensterlaibungen. Vollgestellte Fensterbänke können entlarven.
In von Eigentümern bewohnten Wohnungen habe ich noch nie lüftungsbedingt entstandenen
Schimmel gefunden; das mag aber vielleicht ein Zufall sein.
"Draußen ist es kalt, ich lasse besser die Fenster zu und kippe lieber wenn die Pumahöhle müffelt" ist kein ausreichendes Lüftungskonzept.
Ein ungeheiztes Bad oder noch mehr das Schlafzimmer sind die häufigsten Schimmelkandidaten. Viele Leute machen sich über das Lüften/Heizen keine Gedanken – und das nicht einmal mutwillig, nein, die meisten Wohnungen sind eben keine Schimmelhöhlen obwohl diese mit Isolierglasfenstern ausgestattet sind. Diese fallen auch nicht auf und tauchen in der Diskussion nicht auf.
Wenn die Oma gegenüber morgens die Bettwäsche aus dem Fenster hängt macht sie genau das richtige: Wäsche lüften und Stoßlüftung, abends noch mal das Fenster auf. Für Regenwald- und Reptilienzüchter ist das natürlich nicht ausreichend. Es handelt sich hier natürlich nicht um altes Geheimwissen der Omis die dieses gemeinerweise nicht an die Folgegeneration weitergegeben haben, sondern um das einfache Verstehen der Vorgänge und einem daraus resultierenden Verhalten.
Beim normalen Lüften ist darauf zu achten, dass die Temperatur der Außenluft kühler ist als die Oberflächentemperatur der Innenwände. Im Winter kein Problem denn besonders in Zeiten mit niedrigen Außentemperaturen ist das Lüften ganz besonders wirksam, da die kalte Luft - die eben gerade wenig Feuchte enthält - beim "einströmen" an den Oberflächen erwärmt wird. Hierbei sinkt die relative Luftfeuchtigkeit, die Luft wird „trockener“ und gerade jetzt erst richtig aufnahmefähig für die abzutransportierende Feuchtigkeit. Die relative Luftfeuchtigkeit steigt nun wieder an, bis auf etwa 70%, dann ist die normale Aufnahme weitgehend erschöpft, ein erneutes Lüften ist nötig. Je kälter die Außentemperatur ist, um so effektiver erweist sich die Lüftung.
Am wirksamsten ist eine kurze Stoßlüftung, bzw. bei höherem Feuchtegehalt mehrere.
Aber: Der Abtransport der von der ausgewechselten Luft aufgenommenen Feuchtigkeit geschieht immer erst mit der nächsten Stoßlüftung.
Ein langes Lüften ist hier nicht wirksamer, da der Luftaustausch schneller vollzogen wird als sich die Luft erwärmen kann. Die Erwärmung der Luft ist zu schwach und die vom Bauteil aufgenommene Feuchtigkeit kann nicht abgegeben werden. Auch wird beim Dauerlüften die Oberflächentemperatur herabgesetzt, was ein Erwärmen der Luft verhindert und ggf. ausgefallenes Kondensat verbleibt im Bauteil.
Zu lange gekippte oder nicht dicht schließende Fenster führen zur Auskühlung der Fensterlaibungen. Genau hier wird sich das ausfallende Kondensat niederschlagen.
Gruß aus Wiesbaden,
Christoph Kornmayer